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Computerimplementierte Erfindungen

Der Begriff "Softwarepatent" ist zwar sehr gebräuchlich, aber irreführend. Im Europäischen Patentamt (EPA) sprechen wir von computerimplementierten Erfindungen. Eine "computerimplementierte Erfindung" ist eine Erfindung, bei der ein Computer, ein Computernetz oder eine sonstige programmierbare Vorrichtung eingesetzt wird und die mindestens ein Merkmal aufweist, das ganz oder teilweise mit einem Computerprogramm realisiert wird.

Gemäß dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) ist ein Computerprogramm an sich keine patentfähige Erfindung (Art. 52(2)c) und (3) EPÜ). Erfindungen, die Computerprogramme zur Durchführung von Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten und mathematischen oder ähnlichen Methoden umfassen, aber keinen "weiteren technischen Effekt" entfalten (z.B. weil sie eine geschäftsbezogene und keine technische Aufgabe lösen), sind nach dem EPÜ nicht patentierbar. Dass bei einer Erfindung ein Computerprogramm eingesetzt wird, heißt nicht automatisch, dass sie patentierbar ist.

Wird hingegen mit einer computerimplementierten Erfindung eine technische Aufgabe auf nicht naheliegende Weise gelöst, so kann darauf ein Patent erteilt werden.

Wie alle Erfindungen sind computerimplementierte Erfindungen nur dann patentierbar, wenn sie strengen Patentierbarkeitskriterien genügen. Sie müssen technischen Charakter haben, neu sein und einen erfinderischen technischen Beitrag zu dem Wissen leisten, das am Tag der erstmaligen Einreichung der Patentanmeldung (=Prioritätstag) verfügbar ist. Das letztgenannte Erfordernis ist für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nach dem EPÜ von Belang, d.h. für die Frage, ob die Erfindung naheliegend ist.

Technologien haben dank computerimplementierter Erfindungen an Funktionalität und Effizienz gewonnen
Beispiele:

  • Motorsteuerungssysteme mit elektronischer Kraftstoffeinspritzung und emissionsarmer Verbrennung
  • Fahrerassistenz- und Sicherheitssysteme in Kraftfahrzeugen
  • Reduzierter Wasser- und Stromverbrauch bei Haushaltsgeräten, wie Waschmaschinen, Kühlschränken und Staubsaugern
  • Arzneimittelentwicklung
  • Größere Präzision und verstärkter Einsatz von bildgebenden
  • Erste-Hilfe-Geräte wie die automatisierten Defibrillatoren, die heute an vielen öffentlichen Orten zu finden sind

In vielen Fällen beruht der erfinderische Anteil eines neuen Produkts oder Verfahrens auf einem Computerprogramm.

Solche Erfindungen gewinnen in unserem Alltag immer stärker an Bedeutung und sind für den Einzelnen und die Gesellschaft insgesamt zunehmend von Nutzen.

Patentierbarkeit von Computerprogrammen

Patente für Software?

Computerimplementierte Erfindungen (CIE) sind in der Patentwelt ein umstrittenes Thema. Während in manchen Staaten Patente für Software aller Art erteilt werden, ist die Patentierungspraxis in Europa eine völlig andere. Hier müssen Softwareentwickler darlegen, dass ihre Erfindung auf einem technischen Gebiet einen echten Beitrag leistet.

Vorlage vor der Großen Beschwerdekammer (G 3/08)

Die Präsidentin hat der Großen Beschwerdekammer des EPA verschiedene Fragen zur Patentierbarkeit von Computerprogrammen nach Artikel 52 des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) vorgelegt. Mit diesen sollte nicht nur klargestellt werden, wann ein Anspruch insgesamt nicht patentfähig ist, sondern auch, unter welchen Umständen einzelne auf Computerprogramme bezogene Merkmale zum technischen Charakter eines Anspruchs beitragen können und somit für die Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit relevant sind.


Quelle:
Rechtsgrundlagen und Praxis im Europäischen Patentamt, Europäisches Patentamt München



Ein Meilenstein nach 40 Jahren Bemühungen um ein Europa Patent

Vor einiger Zeit konnten Sie Presseberichten entnehmen, dass das Europäische Parlament am 11. Dezember 2012 das sogenannte „EU-Patentpaket“ verabschiedet hat.

Die Vision der Gründer, das EPA mit einem supranationalen Patentsystem auszurüsten, kann nun Wirklichkeit werden und damit auch die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas.

Das System wird voraussichtlich 2014 arbeitsfähig sein. Die Abgeordneten haben die bereits mit dem EU-Rat vereinbarten Maßnahmen angenommen. Das Übereinkommen muss noch in einer diplomatischen Konferenz, die in der ersten Hälfte dieses Jahres vorgesehen ist, von den Mitgliedsstaaten unterzeichnet und anschließend ratifiziert werden.

In der Vergangenheit war ein EU Patent für 13 EU-Mitgliedstaaten elf Mal so teuer wie ein US-Patent.

Ferner bedeutet ein europäisches Gericht, dass die Parteien keine teuren Parallelverfahren in verschiedenen Ländern anstrengen müssen. Auch das bedeutet eine immense Kostenersparnis. Anfangs werden die Parteien aber weiterhin nationale Gerichte anrufen können, so dass Vertrauen in das neue System schrittweise geschaffen werden kann.

Quelle: Brüssel EU Rat IP/091880
Legal notice

European Patent Organisation, represented by the President of the European Patent Office, Mr Benoît Battistelli



Einheitliches Patentgericht EPGÜ

Das von 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterzeichnete "Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht" (EPGÜ)" sieht die Schaffung eines europäischen Patentgerichts vor. Das Einheitliche Patentgericht wird aus einem Gericht erster Instanz mit einer Zentralkammer und sogenannten Lokal- und Regionalkammern sowie aus einem Berufungsgericht und einer Kanzlei bestehen. Es wird für alle Streitigkeiten sowohl über die bisher erteilten sogenannten Bündelpatente als auch über die neuen EU-Patente mit einheitlicher Wirkung zuständig sein.

Das hat zur Folge, dass die Patentinhaber damit konfrontiert werden, dass ihr Schutzrecht einer völlig neuen Gerichtsbarkeit unterworfen wird.

Diese Folge kann nur durch ein Opt out überwunden werden. Der Schutzrechtsinhaber erklärt damit, die Zuständigkeit des Europäischen Patentgerichts für ein bestimmtes Patent auszuschließen. Die Wirkung des Opt out tritt erst mit Eintragung im entsprechenden Register des Europäischen Patentgerichts ein.

Die vier deutschen Lokalkammern werden in Düsseldorf, Mannheim, München und Hamburg beheimatet sein. Die Zentralkammer wird ihren Hauptsitz in Paris, mit Nebenstellen in London und München, haben. Nach den derzeitigen Planungen soll das Einheitliche Patentgericht seine Arbeit am 1. September 2016 aufnehmen.

Quelle Einheitliches Patentgericht - Lokalkammer Hamburg



Pressebericht: Unternehmensfreundliche Gebührenstruktur für das einheitliche Patent beschlossen

24. Juni 2015

Der Engere Ausschuss des Verwaltungsrats der EPO hat am 24. Juni mit der erforderlichen Dreiviertelmehrheit den Vorschlag "True Top 4" des Europäischen Patentamts über Jahresgebühren für das einheitliche Patent genehmigt. Die vorgeschlagenen Gebühren, die das Hoheitsgebiet der 25 teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten abdecken, entsprechen der Gesamtsumme der Jahresgebühren für die vier Länder, in denen europäische Patente derzeit am häufigsten validiert werden (Deutschland, Frankreich, Vereinigtes Königreich und Niederlande).

Nach dem geltenden System müssen europäische Patente nach der Erteilung durch das EPA in jedem Land, in dem Schutz begehrt wird, einzeln validiert werden. Dies ist mit hohem administrativem und finanziellem Aufwand für die Unternehmen, insbesondere für KMU, verbunden.

Deshalb ist die Schaffung eines einheitlichen Patents für die EU-Mitgliedstaaten ein wichtiger Schritt, auf den seit mehr als 40 Jahren gewartet wird. Mit diesem ersten Beschluss des Engeren Ausschusses zu den Jahresgebühren ist das System für einen einheitlichen Patentschutz in Europa in greifbare Nähe gerückt.

In welchem Umfang werden die Kosten nach dem Vorschlag "True Top 4" reduziert? In den ersten zehn Jahren - der durchschnittlichen Lebensdauer eines europäischen Patents - betragen die Jahresgebühren für ein einheitliches Patent weniger als 5 000 EUR, und die Gesamtsumme für seine Aufrechterhaltung über die volle Laufzeit von 20 Jahren liegt knapp über 35 500 EUR (s. nachstehende Tabelle). Zum Vergleich: nach dem geltenden System sind in denselben 25 Mitgliedstaaten bis zu 29 500 EUR für die ersten zehn Jahre und fast 159 000 EUR für die vollen 20 Jahre zu zahlen. Die nunmehr beschlossene Gebührentabelle für das einheitliche Patent nach dem Vorschlag "True Top 4" stellt somit eine Ermäßigung von 78 % gegenüber dem geltenden System dar.

Deutlich gesenkt werden auch die derzeitigen Transaktionskosten, einschließlich Übersetzungskosten und Gebühren.

Der Engere Ausschuss hat bereits große Fortschritte bei der Festlegung eines möglichen Verteilungsschlüssels gemacht. Es wird davon ausgegangen, dass das Gesamtpaket aus Jahresgebührenbeträgen und dem Verteilungsschlüssel in diesem Herbst abgeschlossen und verabschiedet werden kann.

Vergleich der Jahresgebühren

tabelle

Quelle EPA Pressemitteilung 24. Juni 2015

 

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